Rezension zu: Zeit des Sturms (Mila Sommerfeld)
Titel der Rezension „Lesenswert vor dem dargestellten Zeithintergrund“ / 4 Sterne
In "Zeit des Sturms", dem zweiten Band der Familiengeschichte um das Kaufhaus in Würzburg, werden wieder die geschichtlichen Ereignisse der NS-Zeit von 1933 bis 1947 beschrieben, das Emporkommen der NSDAP, die Zunahme von Schikanen gegenüber Volksgruppen und Minderheiten in der Bevölkerung sowie Regimegegnern, der Verlauf des Krieges und die Zeit kurz danach, mit dem Beginn des Wiederaufbaus. Sehr anschaulich wird auch die Infiltration des öffentlichen Lebens durch das braune Gedankengut beschrieben. Die Erzählung des Ganzen erfolgt dieses Mal aus der Sicht von Sophia, der jüngsten Tochter im Hause Wagner. In Bezug auf den ersten Band „Zeit des Glanzes“ ist dadurch vieles doppelt beschrieben, wenn auch aus unterschiedlichen Erzählperspektiven. Sophia, kritischer wie die ältere Schwester erlebt wie die "die Partei" nach der Wahl mehr und mehr das Stadtleben zu bestimmen beginnt, erlebt Diskriminierungen und gerät durch eine Freundin in Kontakt mit einer Widerstandsgruppe. . Sophia verliebt sich in den Anführer des Kreises von Widerständlern. Aus anfänglicher loser Unterstützung beginnt sie die Grupp ein Stück weit zu leiten, vor allem als Martin irgendwann aufgrund seiner oppositionellen Haltung zur NSDAP verfolgt wird. Sophia versteckt und verhilft ihm zur Flucht. Überzeugt davon, ihn wiederzusehen übernimmt sie weiterhin Aufgaben in der Widerstandsgruppe. Ihr Leben gerät aus den Fugen, als sie beginnt, politisch Verfolgten zur Flucht zu verhelfen. Dabei bringt sie auch ihre Familie in Gefahr.
Die Geschichte ist gut geschrieben, lesenswert auch vor dem Hintergrund der Darstellung der geschichtlichen Aspekte. Unaufdringlich wird der Schrecken und das Abgründige jener Zeit dargelegt, aber man fühlt sich nicht ständig so als bekäme man den Spiegel vor die Nase gehalten; das Abschreckende, Entsetzliche, das nie in Vergessenheit geraten sollte, wird thematisiert.
Die Erzählung selber oder vielmehr die einzelnen Charaktere bleiben mir stellenweise „so glatt“ beschrieben. Mir fehlen die Gedankengänge, die zu mancher Entwicklung der Charaktere geführt haben, Gefühle bleiben unbeschrieben, die vielleicht geholfen hätten, um beim Lesen gedanklich immer mit den Personen mitzugehen. An manchen Stellen empfinde ich die Geschichte eher nur wie einen Tatsachenbericht verfasst.
Band 2 ist eigenständig, d.h. man muss Band 1 nicht gelesen haben, aber manchmal hilft Band 1 zum Verständnis der Geschehnisse aus zwei Sichtweisen weiter.
Das Buch ist lesenswert, ich hätte mir vielleicht nur ein „Hintereinander“ statt ein „Nebeneinander“ des beschriebenen Zeitraumes gewünscht, vielleicht im Sinne eines Fortsetzungsromans der Familiensaga. Die unterschiedlichen Lebensgeschichten der Schwestern hätten auch in einem Buch nebeneinander Platz gefunden, von daher nur vier Sterne.
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